Nur wenige Fossilien haben die Fantasie so beflügelt wie die von Lucy.

Diese kleine Äthiopierin (sie war 1,10 Meter groß und wog weniger als dreißig Kilo) revolutionierte unser Verständnis der Evolution. Lucy wurde 1974 in der Afar-Region im Nordosten Äthiopiens entdeckt und lag etwa 3,2 Millionen Jahre lang in einer Schlucht. Eine internationale Expedition legte rund fünfzig Knochen frei – fast 40 % des Skeletts – eines Weibchens der Art Australopithecus afarensis .

Vor dieser Entdeckung glaubten Wissenschaftler, die menschliche Evolution folge einem einfachen Zeitablauf: zuerst ein großes Gehirn, dann der aufrechte Gang. Lucys Knochen zeigten jedoch, dass der zweibeinige Gang der Entwicklung eines großen Gehirns deutlich vorausging.

Obwohl Australopithecus afarensis „südlicher Afar-Affe“ bedeutet, erhielt sie schnell den Spitznamen Lucy, in Anlehnung an das Beatles-Lied „Lucy in the Sky with Diamonds“, das die Forscher während der Mission in Dauerschleife hörten.

Nachdem Lucys Originalknochen untersucht, nachgebaut und sechs Jahre lang durch die USA transportiert wurden, werden sie nun in einem sicheren Raum im Nationalmuseum von Äthiopien in Addis Abeba aufbewahrt.

Lucy ist zu einer wahren kulturellen Ikone geworden, doch wird ihr manchmal vorgeworfen, sie habe andere, ebenso wichtige Entdeckungen in den Schatten gestellt, etwa Ardi (älter) oder Selam, ein außergewöhnlich gut erhaltenes Fossil eines Afarensis -Kindes.

Doch wer ist der eigentliche „Entdecker“? Ist es der Organisator der Expedition? Die Institution, die sie finanziert? Der wissenschaftliche Leiter? Derjenige, der den ersten Knochen entdeckt – oft ein Student oder ein ortsansässiger Arbeiter –, der seinen Wert erkennt, oder die Person mit der nötigen Bekanntheit, um die Informationen zu verbreiten und glaubwürdig zu machen?

Lucys Entdeckung ist ein typisches Ereignis für den Karrierestart. In der Wissenschaft herrscht ein harter Wettbewerb um die Anerkennung als „Erster“; nationale Probleme verschärfen diesen Kampf oft noch.

Purgatorius ist ein kleines, etwa 15 Zentimeter langes Lebewesen, das zu Beginn des Paläozäns vor 66 Millionen Jahren in postdinosaurierischen Wäldern lebte. Es ähnelte ein wenig einem Eichhörnchen, und sein Fossil wurde in den Purgatory Hills in Montana gefunden – daher auch sein Name. Heute gilt er als der älteste bekannte Primat oder zumindest als bester Kandidat für diesen Titel.

Primaten – eine Gruppe, zu der wir ebenso wie unsere Cousins, die Bonobos, Orang-Utans und Krallenaffen gehören – unterscheiden sich von anderen Säugetieren (wie Nagetieren oder Walen) durch mehrere Merkmale:

• opponierbare Daumen und flache Nägel (anstelle von Krallen), die einen besseren Griff ermöglichen;

• nach vorne gerichtete Augen für stereoskopisches Sehen, nützlich für die Tiefenwahrnehmung;

• ein relativ entwickeltes Gehirn , verbunden mit einem komplexen Sozialleben;

• eine hohe Lebenserwartung mit einer langen Ausbildungszeit für junge Menschen;

und eine halbaufrechte bis aufrechte Haltung : Einige Primaten gehen auf allen Vieren, andere sind teilweise oder vollständig zweibeinig, wie wir, der Homo sapiens .

Der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges erfand eine fiktive Klassifizierung der Tiere, die angeblich einer chinesischen Enzyklopädie entnommen war. Mit Humor und Ironie prangerte er die Willkür von Kategorien, die kulturelle Relativität von Klassifizierungen und die Grenzen der wissenschaftlichen Sprache an. In seiner Klassifizierung finden wir Tiere, die b) einbalsamiert, c) zahm, f) fabelhaft, h) in diese Klassifizierung aufgenommen und k) mit einem sehr feinen Kamelhaarpinsel gezeichnet sind...

Und Sie, was sind die Kategorien Ihrer fiktiven Klassifizierung?

Entgegen der langen Annahme verläuft die Evolution nicht geradlinig zu immer größerer Effizienz. Seit den 1970er Jahren haben Wissenschaftler diese vereinfachende Sichtweise durch die einer komplexen Ausbreitung ersetzt, die oft durch einen dreidimensionalen, kugelförmigen Busch dargestellt wird. Tatsächlich zeigen Fossilienfunde, dass der Evolutionsprozess von Experimenten, Spezialisierung, Zufall, (immer vorübergehendem) Erfolg, Sackgassen und Verschwinden geprägt ist.

Die Gattung Homo umfasst fossile und moderne Menschenarten. Sie erschien vor etwa 2,5 Millionen Jahren mit dem Homo habilis und umfasst auch unsere Art Homo sapiens . Nach den Kriterien der Paläoanthropologie gibt es in dieser Gattung zwischen 12 und 20 verschiedene Arten . Diese Zahl variiert, da die Grenzen zwischen den Arten manchmal fließend sind und Gegenstand wissenschaftlicher Debatten sind.